Digitale Transformation im Betrieblichen Gesundheitsmanagement

Digitale Transformation wird häufig mit Digitalisierung gleichgesetzt, doch geht es dabei um mehr als die Verwendung digitaler Technologien wie Apps, Wearables, Online-Plattformen oder anderer Software-Tools. Stattdessen bezeichnet „Digitale Transformation“ einen Strukturwandel, in dem es gilt, bestehende Prozesse anzupassen oder durch effizientere Prozesse abzulösen. Eine Herausforderung, die in Unternehmen Unsicherheit auslösen kann. Das Bild eines datenfressenden Monsters, das permanent gefüttert werden muss und Ressourcen bindet, die an anderer Stelle gebraucht werden, schreckt so manches Unternehmen und hält davon ab, sich dieser Aufgabe anzunehmen. Doch Chancen und positive Effekte überwiegen. Im BGM bedeutet das mehr Effizienz und Wirksamkeitskontrolle mittels digitaler Analyse und KI gestützten Anwendungen. Wirtschaft und Gesundheit miteinander verbinden. Wie und mit welchen Mitteln und Methoden das gelingen kann, dazu haben wir Experten befragt und zeigen Beispiele aus der betrieblichen Praxis.

Qualitätskriterien für digitale Anwendungen im BGM

Potenzielle Nutzer von BGM- und Gesundheitstools sind mit einer Flut von Angeboten konfrontiert. Die DGUV hat dazu eine Orientierungshilfe herausgegeben und der BGM-Experte Professor Volker Nürnberg stellt einige wichtige Kriterien vor, die bei der Auswahl als Richtlinie dienen können.

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Technologien und digitale Anwendungen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement, wie Webportale oder Apps, haben ein hohes Nutzungspotenzial. Doch die Vielfalt der Angebote ist eine Herausforderung für die potenziellen Anwender. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung hat dazu ein Projekt ins Leben gerufen um Qualitätskriterien zu erarbeiten, die als Entscheidungshilfe dienen können. Qualität und Auswahlkriterien für digitale Anwendungen im BGM sind für Professor Volker Nürnberg bereits seit langem ein wichtiges Thema.

PROF. DR. VOLKER NÜRNBERG, BearingPoint Health
Beim digitalen BGM ist es wichtig, standardisierte Qualitätskriterien zu entwickeln. Die Berufsgenossenschaften haben hier auch schon Vorarbeit geleistet. Qualitätskriterien von digitalen BGM-Tools kann man relativ präzise beschreiben. Also im Grundsatz nach soll das vom Qualitätsanspruch, dem Paragraf 20 SGB V genügen, dann ist wichtig Thema Datensicherheit, Datenschutz. Dann finde ich persönlich wichtig, sollten Tools heutzutage mehrsprachig sein. Wir haben Einwanderung in Deutschland, viele Mitarbeiter, die gerade sensible Gesundheitsthemen lieber in ihrer Heimatsprache bearbeitet haben wollen. Dann ist eine Handhabbarkeit eine intuitive Bedienung wichtig, eine Niedrigschwelligkeit, dass jeder Mitarbeiter das digitale Tool bedienen kann. Wichtigster Grundsatz ist immer noch, dass alles möglichst Evidenz basiert ist. Aber der wichtigste Erfolgsfaktor für ein digitales Tool ist eigentlich die Nutzungsrate. Das heißt, man muss ein digitales BGM-Tool so attraktiv aufmachen, dass die Leute es dauerhaft nutzen, weil nur mit einer dauerhaften Nutzung kommt man auch zu einer Verhaltensänderung und das ist die große Herausforderung. Das heißt, wenn wir ehrlich sind, bei den meisten digitalen Tools haben wir nur 10 bis 20 % einer Belegschaft, die es wirklich nutzen.

Um so wichtiger ist ein fürs Unternehmen optimales Tool zu finden. Und bei der Auswahl kann die von der DGUV erarbeitete „Orientierungshilfe Digitale Anwendungen im Präventionsfeld ,Gesundheit bei der Arbeit‘“ helfen. Die relevanten Qualitätskriterien sind darin in fünf themenspezifische Kategorien gegliedert: Transparenz / Datenschutz / Technik und Interoperabilität / Qualität der Inhalte/ Gebrauchstauglichkeit. Eine darauf abgestimmte Checkliste mit Informationen zu den Kriterien erleichtert somit die Entscheidungsfindung für oder gegen ein bestimmtes Tools.

PROF. DR. VOLKER NÜRNBERG, BearingPoint Health
Wenn ich ein Tool aussuche, würde ich als erstes schauen, was hat der Anbieter für Referenzen, gibt es schon namhafte Unternehmen, die damit arbeiten? Dann würde ich vielleicht auch schauen sind bestimmte Zertifikat vorhanden, Sicherheitszertifikate, ISO Zertifizierung, das ist im digitalen Bereich relativ wichtig. Ich würde nach Publikationen schauen, die es eventuell gibt oder auch inwieweit ist das alles wissenschaftlich valide, was da gemacht wird, so dass in der Summe eine Vielzahl und Kombination ist an Faktoren, es kommt aber immer auch darauf an, was ist dem Unternehmen wichtig. Das heißt, vielen ist zum Beispiel wichtig, dass man die App auf das Unternehmen branden kann, damit es im Corporate Design einer jeweiligen Firma ist. Das können nicht alle, sodass sich jedes Unternehmen eben überlegen muss, welches Tool bei ihm am besten passt.

Die Orientierungshilfe für digitale Anwendungen im Präventionsfeld „Gesundheit im Betrieb“ steht in der Publikationsdatenbank der DGUV zur Verfügung.