A+A Kongress 2023 – Impulse für eine neue Arbeitswelt

unter diesem Motto stand der 38. internationale A+A Kongress, organisiert von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Basi). Digitalisierung, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und nachhaltige Strategien im Arbeitsschutz waren einige der Schwerpunktthemen. In Foren, Veranstaltungen und auf Workshops wurden erfolgreiche Anwendungsbeispiele aus der Praxis des Arbeits- und Gesundheitsschutzes vorgestellt. So zentrale für den Gesundheitsschutz wichtige Themen wie Gesundheit und Psyche, Einwirkungen am Arbeitsplatz oder Management und Führung wurden diskutiert. Praktiker trafen auf Experten. Welche Bedeutung und Rolle Führung und Führungskräfte im Arbeits- und Gesundheitsschutz haben, war Gegenstand einer Veranstaltung der BG RCI.

Führungskultur im Arbeitsschutz - viele Facetten, ein Ziel mit großer Wirkung

„Gefahrstoffe, Maschinen, gesunde Arbeitsbedingungen – und Führen soll ich auch noch?“ Dieser etwas provokative Satz trifft den Kern eines nach wie vor aktuellen Problems, das nicht nur Führungskräfte beschäftigt: Die Rolle der Führungskraft zwischen Verantwortung, Selbst- und Mitarbeiterführung und aktiver Gestaltung von Arbeitsbedingungen. In einer Kombination aus Experteninterviews, Improvisationstheater und Vorträgen wurde das Thema Führungskultur und Arbeitsschutz auf dem A+A Kongress einmal in einer besonderen Weise präsentiert. Für „Fit für Job und Leben“ haben wir die wichtigsten Gedanken zusammengefasst und in einzelnen themenspezifischen Segmenten aufbereitet und zusammengestellt: Management und Führung im Arbeits- und Gesundheitsschutz, Verantwortung im Arbeitsschutz, Selbst – und Mitarbeiterführung, Aktive Gestaltung der Arbeitsbedingungen.

16:9

„Gefahrstoffe, Maschinen, gesunde Arbeitsbedingungen – und Führen soll ich auch noch?“ Arbeits- und Gesundheitsschutz und betriebswirtschaftliche Vorgaben unter einen Hut zu bringen, für Führungskräfte kann das manchmal auch zu einem Dilemma werden. Und so ungewöhnlich wie das Motto, war auch die Veranstaltung, zu der die BG RCI eingeladen hatte. Impulse setzen und inspirieren war das Ziel und deshalb holte man sich zur Unterstützung die Künstler des Improvisationstheaters „Drei Kölsch ein Schuss.“

„DREI KÖLSCH – EIN SCHUSS“ – Improvisationstheater
Wir drei, wir sind das Improvisationstheater „Drei Kölsch – ein Schuss“ und wir haben das Vergnügen, nicht nur Sie heute hier zu begrüßen zu dieser Veranstaltung, wir werden Sie auch begleiten und werden immer wieder Themen aus der Veranstaltung aufgreifen, und zwar mit den Mitteln des Improvisationstheater.
Improvisationstheater funktioniert so, dass wir Sie etwas fragen, Sie uns eine Antwort geben. Und wir versuchen aus Ihrer Antwort hier auf der Bühne etwas entstehen zu lassen.
Genau, wir hätten jetzt gerne für die nächste Improvisation von Ihnen gerne ein schönes Handwerk.
Elektriker… Elektriker ist sehr schön.
Sie erleben jetzt auf der Bühne sozusagen ein Live-Dilemma. Und das übergebe ich an Axel und Franco. Die beiden müssen jetzt zum Thema Elektrikbetrieb uns etwas erzählen und sie dürfen dabei aber abwechselnd immer nur ein Wort sprechen. Und das Dilemma ist, Sie müssen trotzdem versuchen, sinnvolle Sätze zu bilden.
Ja, meine Damen und Herren, ich begrüße heute als Interviewpartner Herrn Doppelmann, Fachkraft aus einem mittelständischen Elektrikbetrieb. Herzlich willkommen, Herr Doppelmann.
Schönen – guten – Morgen – meine – Damen – und – Herren, – schönen – guten – Tag – Frau – Ohm.
Herr Doppelmann, Sie sind bei Ihnen und im Unternehmen eine Fachkraft und als solche auch für Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz zuständig. Wo liegen denn da die Gefahren, die Herausforderungen?
Nun – Frau – Ohm – bei – Elektrikbetrieben – ist – es – natürlich – klar – dass – man – aufpassen – muss, – dass – die – Mitarbeiter – sich – nicht – dazu – hinreißen – lassen – an – offene – Kabel – Enden – zu – fassen.
Ja, das kann ein Problem sein. Wie begegnen Sie diesem Problem? Wie kriegen Sie das in den Griff bei sich im Unternehmen?
Seit – 15 – Jahren – versuche – ich – dieses – Problem – meinen – Mitarbeitern – einzubläuen. – Ich – fange – nachmittags – damit – an, – ihnen – Trainings – Übungen – dazu – zu – offerieren.
Wie sehen die aus?
Ganz- einfach. – Ich – lege – ein – Kabel – dahin. – Allerdings – sage – ich – nicht, – das – ist – mit – Strom, – sondern – ich – sage – nix.
Hochinteressante Taktik an der Stelle.
(BEIFALL, LACHEN)
Herr Doppelmann zum Abschluss. Sehr gerne würden wir alle noch das Motto hören, das Sie ersonnen haben für Ihre Mitarbeiter zum Thema Arbeitssicherheit, Arbeitsschutz. Wenn Sie uns das vielleicht mal vorstellen könnten.
Sehr – gerne.
Vielleicht interessiert es Sie zu hören, dass sich dieses Motto sogar reimt.
Vielen – Dank! – Pack – du – nicht – an – dieses – Kabel – dran, – sonst – bist – du – schnell – ein – toter – Mann.
(LACHEN, BEIFALL)
Ah. Vielen Dank.
Wir verlassen jetzt die Bühne und machen den Platz frei für das Moderatoren-Paar des heutigen Morgens. Frau Dr. Rynek und Herrn Dr. Wellhäußer. Einen großen Applaus für die beiden.
Herzlich willkommen!

(R) DR. MONA RYNEK, Arbeitspsychologin, BG RCI
(W) DR. HARALD WELLHÄUSSER, stellv. Leiter Geschäftsbereich Prävention, BG RCI

R: Vielen Dank für die Einführung. Wir treten etwas anders auf, wir überlassen die Improvisation den Profis und haben ein bisschen was vorbereitet für Sie.
W: Genau. Zwischen Wahn und Wirklichkeit kommen jetzt wir.
R: Ja, liebes Publikum, wir wollen Sie nicht qualifizieren.
W: Nein, wir wollen Sie sensibilisieren und auf gar keinen Fall belehren.
R: Haben Sie manchmal ein schlechtes Gewissen, weil Ihnen bewusst ist, was sein sollte? Aber …
W: Genau wie der Rennfahrer, der sich fragt: Soll ich schnell fahren, oder soll ich ankommen? Oder am besten beides.
R: Das nennt man Dilemma, gefangen sein in einer Zwickmühle, gleichzeitig nach rechts und links gehen, man hat irgendwie Regeln, man hat eigene Werte, man hat Vorgaben, die man erfüllen muss. Also gefangen sein in diesen ganzen Anforderungen, die man als Führungskraft erfüllen muss.
W: Ein Geflecht aus Ausweglosigkeit und Verzweiflung. Und zu dem Stichwort Dilemma: Das ist ein Dilemma. Das kennen Sie. Dieses Dilemma stellte sich heute morgen bei mir schon beim Frühstück. Und ich werde nicht verraten, wie ich dieses Dilemma aufgelöst habe. Aber solche Dilemma, die den Rahmen dieses heutigen Vormittags gestalten, die gehören zum Alltag einer Führungskraft dazu. Und das müssen wir akzeptieren. Shakespeare sagte „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage.“
R: Gibt es denn gar keine Mitte?
W: Eine Mitte? Bei der Sicherheit und im Gesundheitsschutz der Beschäftigten? Nein. Wenn, dann ist sie eingebildet, diese Mitte. Gearbeitet wird von Menschen für Menschen, seien es Waren, Güter oder Dienstleistungen. Und der Arbeitsschutz ist dann der Korrekturstift, damit wir nicht vergessen, dass es immer um Menschen geht.

Darum geht es auch den Akteuren der gesetzlichen Unfallversicherungen in und mit ihrer Arbeit. Zu den verschiedenen Aspekten des Handlungsfeldes Führung wurde von der DGUV ein 4-Stufen-Modell entwickelt. Darin wird aufgezeigt wie die verschiedenen Aktionsebenen von Führung miteinander verknüpft sind und welche Bedeutung sie haben. Vorgestellt wird es hier von der Arbeitspsychologin Betty Willingstorfer.

BETTY WILLINGSTORFER, Arbeitspsychologin, BG RCI
Wir haben natürlich die gesetzlichen Grundlagen, das Thema Verantwortung und die rechtlichen Grundlagen. Aber was eine Führungskraft braucht, ist ein guter Rahmen, der ihr zeigt, in diese Richtung gehen wir als Betrieb. Dazu gehört ein gutes BGM, oder ein Arbeitsschutz-Managementsystem. Das ist eine Struktur, die der Führungskraft hilft, in diesem Rahmen tätig werden zu können.
Aber das Wesentliche ist, sie muss gesund bleiben, sie muss auch auf sich achten. Ohne eigene Gesundheit kann eine Führungskraft nicht aktiv werden und kann Gesundheit nicht an die Beschäftigten weitergeben. Das heißt, Selbstführung ist der Kern des Ganzen, der die Verbindung zu den anderen Punkten ist. Neben der Selbstführung haben wir die Führungsrolle und sie hat eine große Bedeutung. Das heißt, einerseits bin ich Führungskraft und trete in dieser Rolle nach außen und versuche so meine inneren Überzeugungen zu diesem Thema an die Mitarbeiter weiterzugeben. Diese Rolle muss ich ganz aktiv und bewusst eingehen. Ich muss überzeugt sein, was meine Rolle ist, dann kann ich das auch so an meine Mitarbeiter weitergeben. Meine Aufgabe als Führungskraft ist es, mit meinen Mitarbeitern gemeinsam gute Arbeit zu gestalten. Nicht ich als Führungskraft muss mir überlegen, wie gute Arbeit aussieht, sondern wir müssen es gemeinsam überlegen, wir müssen miteinander über unsere Themen reden. Wo gibt es Probleme, wo gibt es Schwierigkeiten, wo gibt es kritische Situationen? Das müssen wir miteinander besprechen. Und nur durch einen guten und offenen Dialog werden wir es schaffen, das voranzubringen. Und wenn ich das alles aufgestellt habe, als Führungskraft, der Rahmen stimmt, meine Selbstführung stimmt, ich habe eine gute Führungsrolle, ich habe eine gute Arbeitsgestaltung hingekriegt, dann kann ich tatsächlich auch meine Früchte ernten. Das heißt, dann kommt, kommt auch etwas zurück für mich als Führungskraft. Das heißt, ich werde gestärkt als Führungskraft und kann Dinge weitergeben.
Das ist das Modell, das aus dem Sachgebiet „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ der DGUV entwickelt wurde.

Informationen dazu auf der Webseite der DGUV

Weiterführende Links: