A+A Kongress 2023 – Impulse für eine neue Arbeitswelt

unter diesem Motto stand der 38. internationale A+A Kongress, organisiert von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Basi). Digitalisierung, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und nachhaltige Strategien im Arbeitsschutz waren einige der Schwerpunktthemen. In Foren, Veranstaltungen und auf Workshops wurden erfolgreiche Anwendungsbeispiele aus der Praxis des Arbeits- und Gesundheitsschutzes vorgestellt. So zentrale für den Gesundheitsschutz wichtige Themen wie Gesundheit und Psyche, Einwirkungen am Arbeitsplatz oder Management und Führung wurden diskutiert. Praktiker trafen auf Experten. Welche Bedeutung und Rolle Führung und Führungskräfte im Arbeits- und Gesundheitsschutz haben, war Gegenstand einer Veranstaltung der BG RCI.

Arbeitsbedingungen aktiv gestalten - wie können wir die Beschäftigten dafür gewinnen?

Arbeitsbedingungen, Arbeitsatmosphäre oder einfach ein gutes Betriebsklima, was dazu gehört und wie man es schaffen kann, das herzustellen, dazu Christof Göbel, der dabei seine Erfahrungen aus der Beratungsarbeit mit Klein- und mittelständischen Unternehmen einbringt.

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Arbeitsbedingungen gesundheitsförderlich zu gestalten, das bedeutet Stressoren abbauen, Ressourcen aufbauen und dafür Entscheidungs- und Handlungsspielräume zu schaffen. Wie das gelingen kann, das weiß Christof Göbel gut, nicht zuletzt aufgrund seiner Erfahrung in der Beratungsarbeit mit Klein- und mittelständischen Unternehmen.

DR. MONA RYNEK, Arbeitspsychologin, BG RCI
Führungskräfte sind dafür verantwortlich, dass aktuelle Belastungen an Arbeitsplätzen für die Beschäftigten ermittelt werden und auch gegebenenfalls dann Maßnahmen ergriffen werden müssen. Um den Bogen zu spannen, die Frage: Können wir jetzt eigentlich alle Verantwortung dann mal wieder an die Führungskraft abgeben und sagen: „Wenn das halt im Arbeitsschutz nicht läuft, dann ist die Führungskraft schuld?“

CHRISTOF GÖBEL, Leiter Präventionsabteilung, KMU-Beratung, BG RCI
Das wäre eine schöne kurzfristige Lösung und eine eindimensionale Betrachtungsweise, wenn wir über das Thema Arbeitsschutz und Verantwortung der Führungskräfte sprechen. Natürlich sind die Führungskräfte verantwortlich für den Arbeitsschutz, für die Gesunderhaltung der Beschäftigten in dem Unternehmen. Aber nun sage ich noch keine neue Erkenntnis oder Dir noch keine neue Erkenntnis: Der Fisch stinkt vom Kopf zuerst. Für Sicherheit und Gesundheit sind zuerst einmal natürlich die Unternehmensleitung, die Inhaber, die Geschäftsführerin, die Geschäftsführer von unseren Unternehmen zuständig. Denn die bestimmen letztendlich mit ihrer Haltung, mit ihren Werten, mit ihrer Einstellung zur Sicherheit und Gesundheit, die bestimmen letztendlich die Kultur des Unternehmens und haben da maßgeblichen Einfluss drauf. Und durch die Kommunikation zu ihren Führungskräften auf der nächsten Ebene können Sie dann was bewirken, können eine gute Arbeitsschutz-Kultur und Präventionskultur bewirken. Soweit gebe ich Dir Recht, sind die Führungskräfte natürlich mitverantwortlich, aber die Unternehmensleitung gehört dazu. Aber letztendlich sitzen alle Beteiligten im Boot und deswegen dürfen wir auch die Beschäftigten nicht vergessen in diesem gesamten Thema. Denn letztendlich müssen die Beschäftigten ja auch mit eingebunden werden, wenn es um das Thema Arbeitsschutz, Sicherheitstechnik und Gesundheitsschutz geht. Ohne das richtige Handeln, das richtige Verhalten von den Beschäftigten werden wir niemals eine wirksame, wirksame Arbeitsschutz-Kultur im Unternehmen aufbauen können.

DR. MONA RYNEK, Arbeitspsychologin, BG RCI
Also alle müssen eigentlich mitarbeiten, alle müssen zusammen arbeiten und alle müssen auch irgendwie aufeinander hören, damit das funktioniert.

CHRISTOF GÖBEL, Leiter Präventionsabteilung, KMU-Beratung, BG RCI
Anerkennung und Wertschätzung ist ein großer Treiber, wenn es darum geht, eine gute Präventionskultur aufzubauen. Aber nicht nur eine gute Präventionskultur, das gilt letztendlich für das gesamte Unternehmen, das Thema Wertschätzung und Einbindung der Beschäftigten. Aber tatsächlich geht es auch im kleinen, im alltäglichen. Und da habe ich auch noch mal ein schönes Beispiel aus einem Unternehmen. Die hatten so 15, 15 Beschäftigte und da hat der Unternehmer gesagt, ich muss die Leute mehr einbinden. Er hatte so Themen wie Lärm, Staub, Haut. Das waren so seine Hauptthemen. Das war so ein Naturstein-Betrieb gewesen und der hat sich überlegt, dafür Themen-Paten zu qualifizieren. Das waren also Beschäftigte, die für ein bestimmtes Thema wie Haut, Lärm, Staub qualifiziert wurden und dann sollten die dann in den Betrieb dann so als Multiplikator für dieses Thema stehen und den Beschäftigten quasi als Ansprechpartner dienen. Und er hat ihnen dann so eine große Verantwortung für ein Arbeitsschutz-Thema übertragen. Und so waren die Fachleute in dem Thema und fühlten sich natürlich auch wertgeschätzt und mitgenommen und hatten ein bisschen Verantwortung im kleinen Bereich. Und das fand ich eine einfache, vor allen Dingen kostengünstige Lösung, um die Menschen mit einzubinden und dann Arbeitsschutz voranzubringen.

DR. MONA RYNEK, Arbeitspsychologin, BG RCI
Da scheint ja auch Zusammenhalt, gegenseitige Unterstützung irgendwie wichtig zu sein für so eine Präventionskultur. Woran erkenne ich im Unternehmen, dass das gelebt wird?

CHRISTOF GÖBEL, Leiter Präventionsabteilung, KMU-Beratung, BG RCI
Wie ich erkennen kann, das ist eigentlich relativ einfach. Da müssen Sie ja nur mal in Ihr eigenes Unternehmen hinein gucken, wo sie tagtäglich arbeiten. Wenn man da offen ist und mal guckt, wenn der Chef kommt oder jemand kommt, der eine neue Arbeit zu verteilen hat, oder der, wo ein Kollege vielleicht oder eine Kollegin erkrankt ist und die muss vertreten werden.
Wie reagieren denn die Kollegen darauf? Auf so eine, auf eine Mehrarbeit, auf eine höhere Belastung? Und da erkennt man schon, ist das widerwillig, wird das gemacht, mit Ausreden und oder, oder, oder. Man drückt man sich total oder gänzlich. Und da kann man schon erkennen, gibt es da so ein Wir-Gefühl und das ist eigentlich relativ einfach.

DR. MONA RYNEK, Arbeitspsychologin, BG RCI
Und wie kann man das fördern?

CHRISTOF GÖBEL, Leiter Präventionsabteilung, KMU-Beratung, BG RCI
Aus meiner Sicht ist es ein Prozess, nicht eine Einzelmaßnahme führt zu so einem Wir-Gefühl. Nein, es sind viele Maßnahmen. Es ist also insgesamt ein Prozess, der gestartet werden muss, der aber auch immer wieder gelebt werden muss.

DR. MONA RYNEK, Arbeitspsychologin, BG RCI
Wenn wir noch mal auf die Führungskraft zurückgehen, welche spezifische Rolle hat denn eigentlich die Führungskraft, wenn es um so was geht?

CHRISTOF GÖBEL, Leiter Präventionsabteilung, KMU-Beratung, BG RCI
Ja, da hat die Führungskraft natürlich die wesentliche, die absolut entscheidende Rolle. Denn er hat den direkten Kontakt zu den Beschäftigten. Und wenn er die richtig einsetzen will, muss er die Beschäftigte, oder den Beschäftigten auch noch kennen. Er muss wissen, was sind die Stärken, was sind die Schwächen? Wo sind Grenzen, wo sind welche Herausforderung für die Person. Und das gilt jetzt nicht nur für den fachlichen Bereich. Das gilt vor allem auch für den sozialen Bereich, für die sozialen Kompetenzen, also in der Kommunikation. Und das geht halt nur aus meiner Sicht, wenn er mit den Menschen redet, nur so kann er die kennenlernen. Da muss eine Vertrauenskultur geschaffen werden. Er muss sich öffnen, er muss mit den Menschen reden und nur dann kann er sie kennenlernen und dann kann man die auch optimal einsetzen.

DR. MONA RYNEK, Arbeitspsychologin, BG RCI
Wenn wir jetzt noch einmal zurückschauen, was werden denn jetzt so die zwei zentralen Botschaften, die wir mitnehmen sollen?

CHRISTOF GÖBEL, Leiter Präventionsabteilung, KMU-Beratung, BG RCI
Ja, die eine zentrale Botschaft von mir ist: Auf die Haltung kommt es an. Also nicht auf die Körperhaltung, sondern auf die Haltung zum Thema Sicherheit und Gesundheit. Was ist den Führungskräften, der Unternehmensleitung, den Geschäftsführern, den Inhabern, allen Führungskräften wichtig? Denn ich glaube, die können nur authentisch sein, wenn ihnen das Thema wirklich wichtig, ist aus dem Inneren heraus. Und die zweite Botschaft ist: Nehmen Sie die Beschäftigten mit, nehmen Sie die die Kolleginnen und Kollegen mit, die, die auch an der Maschine arbeiten, auch die haben gute Ideen zur Sicherheit und Gesundheit. Präventionskultur ist halt eine gemeinschaftliche Kultur, es ist nicht nur von einer Person, die kann einen Startpunkt geben, aber letztendlich müssen alle dran, dran arbeiten.

Eine nachhaltige Präventionskultur im Unternehmen zu entwickeln, das beginnt mit kleinen unspektakulären Schritten und ist ein andauernder Prozess. Unterstützung bei dieser Aufgabe kann man sich bei den zahlreichen Akteuren des Arbeits- und Gesundheitsschutzes holen, zum Beispiel auch bei Ihrer Berufsgenossenschaft.

DR. HARALD WELLHÄUSSER, stellv. Leiter Geschäftsbereich Prävention, BG RCI
Eine gute Unternehmenskultur, früher hat man es Betriebsklima genannt, kann nicht von außen in das Unternehmen getragen werden. Das kann nur aus dem Unternehmen selbst heraus kommen, von wem auch immer. Und wir können Impulse setzen. Wir können die Vorteile aufzeigen. Das kann man auch nicht im Regelwerk abbilden. Und da steht nirgends, Du musst ein gutes Betriebsklima schaffen. Aber es hat halt Effekte, Effekte auf die Produktivität, Effekte auf die Effizienz der Prozesse, der Abläufe und Effekte, auf Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit, auch Effekte auf die Mitarbeiterbindung. Stichwort Fachkräftemangel. Und das muss also im ureigensten Interesse des Unternehmens liegen. Und wir beraten. Wir haben ein großes Produktportfolio an Beratungsleistungen, wo wir dem Unternehmen zeigen, warum man es macht, wie man es macht und wie man es auch dann unterhält. Nutzen Sie unsere Angebote.

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