Gesund im Betrieb

„Gesund arbeiten“ ist mittlerweile zu einem wichtigen Ziel und Anspruch für Arbeitgebende und Arbeitnehmende in den meisten Unternehmen geworden. Als Organisationssystem wurde dafür das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) entwickelt. Dabei ist BGM kein starres System, sondern Zielsetzung, und darin enthaltene Bausteine sind auf jeweilige Unternehmenssituationen nicht nur übertragbar, sondern spiegeln auch aktuelle gesellschaftliche Veränderungen wider. Darauf beziehen wir uns nicht nur in der Auswahl unserer Beiträge dieser Ausgabe, sondern werden künftig auch kontinuierlich Videos und Informationen zu aktuellen Themen einstellen.

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)

Die BGM Referentin der BG RCI Nicole Jansen zeigt auf, wie und mit welchen Mitteln BGM im Unternehmen gestaltet werden kann.

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Betriebliches Gesundheitsmanagement, kurz BGM, ist ein System in dem die bestehenden Pflichtsysteme zum Arbeits- und Gesundheitsschutz und zur betrieblichen Wiedereingliederung mit Maßnahmen der freiwilligen betrieblichen Gesundheitsförderung verknüpft werden. Wie jedes effiziente Managementsystem sollte es zielorientiert, überprüf- und steuerbar sein. Das Ziel ist Arbeitsprozesse und -bedingungen gesundheitsgerecht zu gestalten und die Mitarbeiter zu eigenverantwortlichen und gesundheitsbewussten Verhalten zu befähigen. Doch noch immer gibt es Einwände, die den grundsätzlichen Nutzen eines BGM, oder die Effizienz der in den Unternehmen durchgeführten Maßnahmen in Frage stellen.

Nicole Jansen
„Häufig wird betriebliches Gesundheitsmanagement verwechselt mit betrieblicher Gesundheitsförderung. Und viele, die dann Gesundheitsförderung machen im Unternehmen denken, sie machen schon betriebliches Gesundheitsmanagement. Wobei Gesundheitsförderung eigentlich mehr punktuelle Einzelmaßnahmen sind; wenn man mal einen Yogakurs macht oder eine Rückenschule oder einen Gesundheitstag, das aber nicht weiter systematisch einbettet in die betrieblichen Strukturen und Prozesse.“

Unter dem Titel „Motive und Hemmnisse für Betriebliches Gesundheitsmanagement“ hat die Initiative Gesundheit und Arbeit, kurz IGA, in einer Studie Umfrageergebnisse aus der betrieblichen Praxis vorgestellt. Einige der damals herausgefundenen Gründe wie „fehlende Ressourcen“, oder „Tagesgeschäft hat Vorrang“ sind nach wie vor relevant. Doch zunehmend werden die Vorteile erkannt: bessere Mitarbeiterfindung und -bindung, eine gesunde und motivierte Belegschaft, weniger Fehlzeiten sowie reibungslose Abläufe oder weniger Reklamationen.
Inzwischen geht es weniger um das Ob, sondern stärker um das Wie. In der Regel sind in vielen Unternehmen bereits aus den einzelnen Handlungsfeldern des Arbeits- und Gesundheitsschutzes Maßnahmen und Aktivitäten vorhanden. Diese gilt es in eine klare Struktur zu führen und aufeinander abzustimmen.

Nicole Jansen
„Die Struktur oder der Prozess des betrieblichen Gesundheitsmanagements besteht im Wesentlichen einfach darin, dass man am Anfang bestimmte Ziele festsetzt im BGM, möglichst detailliert und mit Kennzahlen hinterlegt, damit man es hinterher überprüfen kann, ob man diese Ziele eigentlich erreicht hat oder nicht. Das dann bestimmte Strukturen und Ressourcen da sind. Wichtig ist auch der Punkt, dass man eine Analyse erst mal durchführt — eine Bestandsaufnahme macht. Man stellt eben in der Analyse beispielsweise fest, die Leute haben alle zum großen Teil Rückenschmerzen — Da sollten wir vielleicht was tun.
Dann definiert man das Ziel: Wir wollen 80% aller Arbeitsplätze eben auch entsprechend rückengerecht ausrüsten und ergonomisch gestalten.
Und daraus leitet man dann die konkreten Maßnahmen ab. Am Ende des Prozesses steht dann immer die Evaluation: Dass man guckt, hat es denn jetzt geklappt? Läuft das BGM gut? Haben wir diese Arbeitsplätze entsprechend umgestaltet? Oder haben wir es nicht? Müssen wir vielleicht etwas verbessern?
So kommt man dann zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess.“

Für die Umsetzung braucht es Ressourcen, in großen Unternehmen sind sie meist vorhanden. Doch wie können kleinere Unternehmen, sogenannte KMU’s, diesen Prozess effizient realisieren?

Nicole Jansen
„Die Struktur, die klingt hier vielleicht relativ kompliziert und man kann das auch sehr kompliziert alles umsetzen, indem man alles schriftlich formuliert und abstimmt mit dem Betriebsrat und mit allen möglichen Vertretern von Unternehmen. Man kann es aber auch ganz simpel in einem kleinen Betrieb so durchführen. Da hat man standardmäßig ja sowieso schon Ziele, die man sich legt. Man sagt sich z.B. „Ja, wir wollen die Fehlzeiten reduzieren. Wir wollen, dass unsere Leute gesund nach Hause gehen.“ Das ist einfach ein Ziel. Dann hat man das. Und dann sagt man: „Ja, was machen wir denn, um dieses Ziel zu erreichen?“ Leitet entsprechende Maßnahmen ab und sagt: „Dafür gestalten wir jetzt die Arbeitsplätze ergonomisch. Dafür machen wir jetzt ein Gesundheitstag. Dafür machen wir jetzt ein gemeinsames Frühstück regelmäßig, damit auch die Kommunikation verbessert wird.“ Beispielsweise. Und dann fragt man sich am Ende des Jahres: „Hat es was gebracht, dass ich mich jetzt engagiert habe als Unternehmer und mit meinen Beschäftigten diese Maßnahmen durchgeführt habe?“ Wenn ich sage: „Ja!“, dann machen wir so weiter. Und wenn ich sage: „Nein!“, dann sollten vielleicht Anpassungen vorgenommen werden. Oder wir sehen vielleicht noch andere Schwerpunkte, dass neben Rücken jetzt vielleicht auch der Schwerpunkt Stress ist psychische Belastung, dass wir das dann im nächsten Jahr als Schwerpunkt nehmen und dann hier vielleicht eine Gefährdung oder eine psychische Belastung machen. Also für Kleinbetrieb genauso umsetzbar wie für den größeren.“

Diese Kontinuität und prozesshaftes Herangehen steht auch im Fokus bei der Erarbeitung der „Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen“, inzwischen Pflichtprogramm im Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Nicole Jansen
„Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist ein wunderbares Instrument. Und wenn man damit anfängt, und die ist ja gesetzlich gefordert, also sollte jeder Betrieb das machen, dann hat man eigentlich schon den ersten Schritt getan, BGM einzuführen.
Weil man sich dann auch entsprechend Maßnahmen überlegen muss, was tu ich denn jetzt gegen die Konflikte, die die Beschäftigten z.B. haben mit den Vorgesetzten oder untereinander, oder dass sie so viel Stress haben, weil das Telefon dauernd klingelt oder dergleichen. Also die Maßnahmen, die man sich dann überlegt, um diese Gefährdungen abzubauen, sind reinstes BGM. Das sind Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Beschäftigten und da muss man nur noch den Regelkreis im Prinzip wieder dadurch schließen, dass man hinterher auch feststellt, haben die Maßnahmen denn jetzt auch was gebracht, nachdem sie umgesetzt wurden? Sind die Gefährdungen jetzt mittlerweile reduziert worden? Sind die Belastungen weniger geworden? Indem man vielleicht nochmal diese Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durchführt — das sollte man sowieso alle 2-3 Jahre überprüfen.
Dafür ist das ein wunderbares Instrument und ergänzt sich auch sehr schön.“

Für die konkrete Umsetzung gilt es, diese Strukturen mit Leben zu füllen. Ideen und Anregungen für die betriebliche Praxis gibt es reichlich. So stellen sich auf Fachmessen, wie der Corporate Health Convention, Dienstleister mit ihren Angeboten, Firmen mit gesundheitsrelevanten Produkten vor. Informationsmaterialien mit konkreten Handlungsanleitungen, wie ein modernes BGM gestaltet werden kann, bieten Versicherungsträger, Krankenkassen und auch Ihre Berufsgenossenschaft.